Oct 06, 2016 04:59 CET

 Menschen die im Leben den richtigen Weg gewählt und das Richtige getan haben, werden am Jüngsten Tag nicht am Ort der Versammlung festgehalten sondern direkt in das Paradies Gottes geführt. Aber diejenigen, die den Weg Gottes nicht richtig gegangen sind, Unrecht begingen und sich nicht von schlechten Eigenschaften befreit haben, werden zweifellos am Ort des Haschr – dem Ort der Versammlung am Jüngsten Tag verbleiben müssen.

 

Wir sagten, dass sie dort durch Ertragen der Härten an diesem Ort eventuell von ihren Unreinheiten befreit werden und doch noch im Paradies Einlass finden. Im Reich des Haschr  - der Versammlung nach der Auferstehung - gibt es mehrere Stationen und zwei davon sind die  Station des „Mizan“ und die des „Hisab“.

 

Wie dem Koran und der Überlieferung entnommen werden kann, muss der Mensch nach der Auferstehung  (Qiama) mehrere Phasen hinter sich bringen.  Eine dieser Stationen ist die Station des „Mizan“. In dieser Phase werden die Taten des Menschen genau  überprüft.  Das Wort „Mizan“ bedeutet „Waage“.

Auf der Welt gibt es verschiedene Messgeräte – wie Blutdruckmesser und Fieberthermometer, Luftdruck- und Feuchtigkeitsmesser, Höhenmesser und Wiegeeinrichtungen und ähnliches und jedes Gerät funktioniert auf seine besondere Weise.  In immateriellen Angelegenheiten gibt es ebenso verschiedene Messmethoden, die jedoch von immaterieller Beschaffenheit sind. 

                                       

Wie wir schon sagten, sind alle Taten des Menschen in seinem Buch der Taten eingetragen. Im Reich des Mizan – dem Reich der Waage – erfolgt die Berechnung dieser Taten und aufgrund dieser Berechnung stellt sich heraus, welche Richtung der Mensch im Leben eingeschlagen hat.

In den Versen 8 und 9 der Sure `Araf (Sure 7) heißt es:

„Das Gewicht (mit dem) an jenem Tag (gewogen wird) ist die Wahrheit. Denen, die dann schwere Waagschalen haben, wird es wohl ergehen.

„Diejenigen, deren Waagschale aber leicht ist, sind jene, die ihrer selbst verlustig gegangen sind, weil sie sich gegen Unsere Zeichen vergingen.“

Diese Koranstelle verkündet die Tatsache, dass es die Wahrheit ist, an der die Taten gemessen werden. Je  mehr also die Taten mit Recht und Wahrheit übereinstimmen, desto eher findet der Mensch Rettung. Und je mehr seine Taten von der Wahrheit abgewandt waren und ihr nicht entsprachen, desto größer sind der Schaden und das Unrecht, dass der Mensch sich selber angetan hat.  

Diese göttlichen Waagen, der Wahrheit und Gerechtigkeit zugrunde liegen, sind so präzise, dass nichts unberücksichtigt bleibt und sei es im Gewicht eines Senfkornes.  Denn selbst dieses Senfkorn wirkt sich auf das Gesamtresultat aus, welches darüber Auskunft gibt, ob der Mensch  in Richtung Recht oder in Richtung Unrecht gegangen ist.

Im Vers 47 der Sure Anbiya (Sure 21) heißt es über die Präzision der Mizan am Jüngsten Tag:

„Und Wir werden Waagen der Gerechtigkeit für den Tag der Auferstehung aufstellen, so dass keine Seele in irgendeiner Weise Unrecht erleiden wird. Und wäre es (eine Tat die) das Gewicht eines Senfkorns (hat), Wir würden es hervorbringen. Und Wir genügen als Rechner.“

                               

Am Jüngsten Tag hängt also Lohn und Strafe der Menschen von dem, was sie getan haben, ab. Beziehungen zählen nichts mehr. Ausschlaggebend sind die Taten.  Alle Taten werden aufgrund der Gerechtigkeit gemessen. Jede  Handlung, die dem Recht näher kommt,  fällt zugunsten des Menschen ins Gewicht. Je mehr sich aber eine Tat vom Recht entfernt hat, desto wertloser wird sie.  Imam Ali (gegrüßet sei er) hat über die Mizan – die Waagen am Jüngsten Tag gesagt: … „Wenn Gott, der Höchsterhabene, im Vers 47 der Sure Anbiya spricht: ` Und Wir werden Waagen der Gerechtigkeit für den Tag der Auferstehung aufstellen, so dass keine Seele in irgendeiner Weise Unrecht erleiden wird`, bedeutet dies, dass der Mensch am Jüngsten Tag aufgrund der göttlichen Gerechtigkeit befragt und bewertet wird … Aber es gibt eine Gruppe von Leuten,  die gar nicht erst das Reich der Waagen erleben, sondern direkt das Paradies betreten. Sie zählen weder zu den Propheten noch zu den Märtyrern auf dem Wege Gottes, sondern sind diejenigen, die einander Gott zuliebe liebten und einander Gutes taten. Aus Liebe zu Gott waren sie miteinander Freunde. Sie kehren ohne Abrechnung ins Paradies ein.“

Gemäß diesem Hadith rettet die Freundschaft und Liebe zu den anderen, welche aus Liebe zu Gott geschieht, vor den Drangsalen und Verrechnungen am Jüngsten Tag.  Wenn nun aber der Mensch doch zur Verrechnung antreten muss, so hilft ihm auch dann die Freundlichkeit zu anderen. Der Prophet Gottes (der Segen Gottes sei auf ihm und Friede Seinem Hause) sagt darüber: „Nichts ist am Jüngsten Tag für jemanden auf der Waage so vorteilhaft wie ein gutes Verhalten, denn es vermehrt die guten Werke  des Menschen.“

Über die Reihenfolge der Stationen am Jüngsten Tag hegen die Religionsgelehrten je nach ihrer Deutung des Koraninhaltes unterschiedliche Ansichten.

Einige sind der Meinung, dass nach der Station, an der die Taten gewogen werden (Mizan), der Mensch zur Station der Abrechnung (Hisab) gebracht wird. In dieser Phase –werden Taten und Verhalten und Ansichten und Moral des Menschen im Leben überprüft und verrechnet.

Im Vers 284 der Sure Baqara (Sure 2) steht geschrieben.

„…. Und ob ihr kundtut, was in euren Seelen ist, oder es geheimhaltet, Allah wird euch dafür zur Rechenschaft ziehen. ….“

Es gibt auch Verse im Koran, die von Unterschieden bei der Verrechnung zeugen. Wie in der Sure Inschiqaq (Sure 84) im Versen (7 bis  11):

 

„ Was nun den anbelangt, dem sein Buch (an jenem Tag) in seine Rechte gegeben wird, (eine Redewendung für Glück und Segen) „

„der wird einer leichten Rechenschaft unterzogen sein.“

„Was aber den anbelangt, dem sein Buch hinter seinem Rücken gegeben wird ,“ (eine Redewendung für Unglück)

„der wird sich bald Vernichtung herbeiwünschen …“

                                

In der Überlieferungen finden wir zahlreiche Aussagen über das Reich des Hisab – Reich der Verrechnung. Scheich Saduq bringt in „Al- Amali“ eine Überlieferung von Imam Sadiq (F), der gesagt hat:

„Wenn der Jüngste Tag begonnen hat, werden an der Station der Verrechnung zwei gläubige Diener festgehalten,  die ins Paradies einkehren werden. Einer von diesen Beiden war im Leben arm und der andere war reich. Der Arme sagt zu Gott: `O mein Herr! Warum hältst du mich hier fest?! Bei Deiner Herrlichkeit! Du weißt doch, dass ich auf der Welt keine Verfügungsmacht  besaß,  so dass ich gerecht hätte handeln oder jemandem Unrecht hätte antun können!  Du hast mir auch keinen Besitz im Leben gegeben, damit ich damit ein Recht hätte bezahlen oder zurückhalten können!  Der Lebensunterhalt im Leben reichte gerade für mich selber und nicht mehr!`

Gott der Herrliche wird sagen: `Dieser Mein Diener sagt die Wahrheit. Lasst ihn ins Paradies einkehren!`

Aber der reiche Mann, der für alle seine Taten und seine Eigentümer Rechenschaft ablegen muss, bleibt sehr lange an der Station der Abrechnung und gerät (wegen der Strenge der Verrechnung) derartig  ins Schwitzen, dass sein Schweiß den Durst von 40 durstigen Kamelen stillen würde. Erst danach darf er ins Paradies.

Jener, der arm war fragt ihn: `Wieso wurdest du solange festgehalten?` Der Reiche antwortet:  `Während der Abrechnung wurde ich laufend über das gefragt, was ich besessen habe, und einer nach dem anderen kam und befragte mich und Gott hat mir verziehen und vergeben und dann wurde ich noch über andere Dinge gefragt, bis Gott mir Seine Barmherzigkeit zuteilwerden ließ und mich zu denen die umgekehrt sind, reihte …“

             

Der Erhabene Prophet des Islams (s) empfiehlt den Gläubigen den Menschen Gutes zu tun, damit die Abrechnung am Jüngsten Tag erleichtert wird. Er sagt: „Es gibt drei Eigenschaften und wenn jemand diese besitzt, wird Gott die Verrechnung für ihn erleichtern:  „Beschenke jemanden, der dir etwas vorenthalten hat! Und stelle mit jemanden, der die Beziehung zu dir abgebrochen hat, wieder eine Beziehung her! Und verzeihe jemandem, der dir ein Unrecht angetan hat.“

In einem Hadith von Imam Sadiq heißt es außerdem: „Die gute Pflege der Verwandtschaftsbeziehungen führt im Jenseits zu einer leichten Abrechnung.“ (Bihar ul Anwar, Band 7)

Diese Ahadith zeigen deutlich, dass die Verrechnung der Taten durch Gott am Jüngsten Tag leicht ausfällt, wenn der Mensch im Leben gegenüber den anderen großzügig gewesen ist. Der Prophet des Islams (s) sagt: „Verzeiht die Sünden der Menschen, damit Gott deswegen die Qual der Hölle von euch fernhält. Wenn du die göttliche Barmherzigkeit erfahren möchtest, dann sei selber auch barmherzig, nachsichtig und freundlich.“  

Wer im Leben auf sich selbst geachtet und ständig Bilanz über sein Ich gezogen hat, der wird am Jüngsten Tag nicht an der Station der Verrechnung festgehalten. Alle diejenigen, die nicht ausreichend mit sich selber ins Gericht gezogen sind, müssen jedoch im Reich der Verrechnung  erscheinen, d.h. sie müssen vor das Göttliche Gericht und werden für jede Tat zur Rechenschaft gezogen.   

 

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