Jan 05, 2017 21:47 CET

Liebe Freunde! Wir begrüßen Sie wieder zu einer Geschichte und zu einem iranischen Sprichwort. Auch die heutige Geschichte kommt aus dem Mathnawi von Molana.

Ein Gärtner hatte einen wunderschönen Garten, in dem viele Vögel lebten. Da kam er eines Tages auf den Gedanken, einen dieser Vögel einzufangen und ihn über dem Feuer zu rösten. Er stellte ein Fallnetz auf, streute einige Körner darunter und wartete hinter einem Busch darauf, dass ein Vogel ins Netz geht. Schließlich hüpfte tatsächlich ein kleiner Vogel in die Falle. Der Gärtner eilte erfreut herbei. Aber der Vogel bat: „Lieber Gärtner lass mich wieder frei. Ich bin doch so klein und mager. Du wirst mit meinem Fleisch nicht satt. Wenn du mich frei lässt, gebe ich dir drei gute Ratschläge!“

Der Gärtner wunderte sich: „Du kleiner Vogel willst mir gute Ratschläge geben?“

Der Vogel antwortete: „Ja: Ja! Den ersten gebe ich dir, wenn du mich in der Hand hältst. Den zweiten wenn ich auf der Mauer bin und den dritten, wenn ich auf dem Baum sitze.“

Der Gärtner dachte bei sich: „Dieser kleine Vogel hat recht. Er ist schrecklich mager. Ich sollte ihn freilassen. Vielleicht hält er gute Ratschläge für mich bereit!“

Er holte den Vogel aus dem Netz heraus. Nun hatte er ihn in der Hand und wartete auf den ersten guten Rat.

Der Vogel sagte: „Mein erster Rat lautet: Glaube nie etwas, was unmöglich ist.“

Der Gärtner nickte und fand, dass dies ein guter Rat war. Er öffnete die Hand und der Vogel flog auf die Mauer. Der Gärtner sagte: „Nun musst du mir den zweiten Rat geben!“ Der Vogel war glücklich, wieder frei zu sein, und verriet die zweite Weisheit: „Der Mensch soll sich nicht wegen der Vergangenheit und dem was er verloren hat grämen.“

Dann breitete er die Flügel auf und flog zu dem höchsten Baum im Garten. Der Gärtner fand, dass ihn der kleine Vogel gut berät und wollte nun auch den dritten Rat wissen: Da sang der Vogel: „Ach , wie leichtgläubig du doch bist! Ich habe dich hinters Licht geführt, und das hast du nicht bemerkt. Weißt du warum? In meinem Magen ist ein ganz großer wertvoller Edelstein . Du hättest sehr reich werden können!“

Der Gärtner sah, dass er einen wertvollen Vogel aus der Hand gegeben war . Er jammerte: „O weh, ich hätte so reich werden können, aber ich habe meine Chance einfach verpasst. Wegen zwei wertlosen Ratschlägen habe ich einen kostbaren Schatz verloren!“

Aber der kleine Vogel rief ihm vom Baum aus zu: „Du bist wirklich dumm! Wie schnell hast du meine guten Ratschläge vergessen. Hab ich dir nicht geraten, dich nicht wegen der Vergangenheit zu grämen? Habe ich dir nicht geraten, nichts zu glauben, was unmöglich ist. Wieso hast du meinen Rat nicht wahrgenommen und so schnell geglaubt, was gar nicht sein kann. Du hast wirklich keinen Verstand. Wie kann ich in meinem kleinen Magen ein so großer Edelstein haben?!“

Da kam der Gärtner zu sich und begriff, dass er die Ratschläge des kleinen Vogels gar nicht richtig verstanden hatte, denn sonst hätte er sich doch danach gerichtet. So rief er dem Vogel zu: „Du kluger kleiner Vogel. Ich habe einen Fehler gemacht. Sag mir nun den dritten Ratschlag und halte dein Versprechen.“

Da lachte der Vogel: „Du hast dich nicht nach meinen ersten beiden Ratschlägen gerichtet, nun soll ich dir den dritten sagen? Was nützt es denn, wenn ich dir einen Rat gebe?!“

Der Gärtner beharrte vergeblich auf seiner Bitte. Der Vogel hörte nicht auf ihn und flog davon.

Unser heutiges Sprichwort lautet im Original: Ey Choda Agha Begeh Ab.

Früher hatten die Reichen Diener und Dienstmädchen.

Jeder wollte natürlich, dass seine Dienerschaft klug und fleißig war, damit alle Anordnungen richtig durchgeführt werden.

Zufällig hatte einer dieser reichen Leute einen sehr faulen Burschen abbekommen. Es war ein aufgeweckter junger Mann und hätte alle Aufträge seines Dienstherrn sehr schnell und gut erledigen können. Doch versuchte er jeder Mühe aus dem Weg zu gehen. Er war einfach ausgesprochen faul. Wenn der Reiche ihm etwas befahl tat er es nur mit Widerwillen. Mehrmals war sein Dienstherr drauf und dran gewesen, ihn fortzuschicken und durch einen neuen fleißigen Diener zu ersetzen. Doch auf der andere Seite war der Diener sehr klug und deshalb wollte er ihn doch behalten.

Es war ein heißer Sommertag, als jener reiche Mann mit seinem Diener auszog, um seine Ackerfelder zu begutachten.

Nach einer Weile war er müde und ließ sich im Schatten eines Baumes nieder. Es überkam ihn der Schlaf. Auch der Diener, der noch viel müder war, kroch unter den schattigen Baum. Während sein Herr schon fast eingeschlafen war, hatte der Diener keine Ruhe, denn er war sehr durstig. Schläfrig richtete er sich ein zwei mal auf, um Wasser holen zu gehen. Aber er war einfach zu träge und es fiel ihm unsäglich schwer sich aufzuraffen und zum Wasserkrug zu geben. So lag er ausgestreckt da und murmelte vor sich hin: „Ach wäre mein Herr doch nicht am schlafen. Ach wäre er doch durstig. Dann würde er zu mir sagen: Steh auf und bring mir Wasser. „ Und dann betete er: „O Gott: Bitte lass meinen Herrn durstig werden, damit er nach Wasser verlangt.“

Der reiche Mann schlief noch nicht so fest, dass er die Worte seines Dieners nicht mit halben Ohr gehört hätte. Insgeheim musste er über die Faulheit des Burschens schmunzeln, aber dann spielte er den strengen Dienstherr und sagte: „Steh auf du Faulpelz! Warum liegst du ihm Schatten herum. Geh und hol für mich eine Schale Wasser.“

Diesmal brauchte der reiche Mann nicht lange darauf zu warten, bis sein Diener auf seinen Befehl hört. Der junge Bursche sprang auf ,rannte zum Wasserkrug und holte seinem Herrn eine Schale Wasser. Natürlich trank er als erstes selber einen großen Schluck .

Seit dem sagt man als Anspielung auf jemanden, der vor lauter Faulheit noch nicht einmal für sich selbst etwas zu tun bereit ist: Ey Choda Agha Begeh Ab: „O Gott, mach dass mein Herr sagt: Bring Wasser!“