So wird gesagt- Teil 41
Wir sind nun wieder mit einem Sprichwort und einer Geschichte bei Ihnen zu Gast. Die Geschichte ist dem Werk Bostan des weltbekannten Dichters Saadi entnommen.
In einer Stadt lebte ein sehr enthaltsamer gottesfürchtiger Mann. Wenn immer er einen Hilfsbedürftigen in seiner Stadt fand, half er ihm. Und deshalb war er sehr beliebt. Aber eines Tages fand dieser fromme Mensch einen goldenen Ziegel. Und dieser Fund raubte ihm den Verstand. Ein Leben lang war er ein enthaltsamer frommer Mensch gewesen und hatte Gott gedient, aber auf einen Schlag schien er wie verwandelt.
Der fromme Mann war außer sich vor Freude über diesen goldenen Ziegelstein und wurde plötzlich von der Geldgier überwältigt. Anstatt in der Nacht sich ins Gebet zu vertiefen, überlegte er nur noch hin und her wie er sich mit diesem Stück Gold ein schönes Leben machen könnte. Er dachte: Ich werden einen Palast errichten, höher und größer als jeder andere Palast auf der Welt. Mein Reichtum wird nie zu Ende gehen und ich werde mir alle Wünsche erfüllen können. Ich werde mir lauter Lakaien und Dienstmädchen zulegen. Alle sollen für mich arbeiten und ich ruhe mich auf seidenen Polstern aus und zähle die Goldmünzen, die ich für diesen goldenen Ziegel bekomme. Bislang habe ich ein einfaches Leben geführt und hart gearbeitet. Jetzt ist es an der Zeit mich auszuruhen. Ab jetzt sollen die anderen für mich arbeiten. Ich brauche selber nichts mehr zu tun.
Der ehemals so tugendhafte Mann ließ sich alle möglichen unheilvollen Gedanken durch den Kopf gehen. Nichts schien mehr von seiner Gottesfurcht und Enthaltsamkeit übrig geblieben. Er betete nicht mehr und erwies niemanden mehr einen Dienst der Nächstenliebe . Das einzige was ihn noch interessierte, waren flüchtige weltliche Verlangen. Aller Glauben und alle Menschlichkeit in ihm schienen verlöscht.
Sein Ein und Alles war dieser goldene Ziegel. Er war vor lauter Freude ganz aus dem Häuschen und konnte nachts gar nicht mehr richtig schlafen. Schließlich spürte er das Bedürfnis, vor die Stadt zu gehen und frische Luft zu schnappen. Er verließ das Haus, passierte das Stadttor und begann seinen Spaziergang durch die Natur. Die ganze Welt erschien ihm auf einmal so wunderschön.
Während er so weiter ging, kam er an einem Friedhof vorbei. Dort sah er wie ein Mann Ziegel formte und zum Trocknen in die Sonne legte. Er blieb eine ganze Weile stehen und schaute diesem Mann zu. Dann brach er plötzlich in ein lautes Weinen aus.
Unserem guten Mann waren plötzlich die Augen aufgegangen . Ihm war bewusst geworden, wie sehr ihn die Besitzgier mitgerissen hatte und war zutiefst beschämt und traurig über sich selber. Ihm war klar geworden, wo das Schicksal des Menschen letztendlich endet und da sagte er sich: Mein Herz ist bereits jetzt, ohne dass ich begonnen habe, mir mit diesem Goldziegel ein schönes Leben einzurichten, derartig verschmutzt. Wehe mir, wenn ich erst einmal meine lächerlichen Wünsche alle erfülle und völlig in die Liebe zur Welt versinke. Werden wir nicht alle eines Tages zu einer Handvoll Staub?
Da wandte er sich reuevoll wieder Gott zu und diente ihm in Frömmigkeit und Nächstenliebe.
Unser heutiges Sprichwort lautet auf Persisch Deracht-e Gerdekaan ba in Bozorgi , Derachte Charbuse Allah Akbar
Es war einmal ein Esel, der dachte dass er sehr viel weiß. Er äußerte sich über alles und kritisierte alles und jeden. Eines Tages ging dieser Esel in einen Garten und da fiel sein Blick auf einen Strauch mit Honigmelonen. Der Strauch hatte seine Zweige auf der Erde ausgebreitet und trug große Früchte. Dem Esel wollte dieser Melonenstrauch wohl gefallen und er sagte sich: Was für ein schöner Strauch! Obwohl er keine kräftigen Zweige hat, trägt er so große Früchte!
Dann fraß er ein wenig Gras und ging unter einen Walnussbaum, um in dessen Schatten ein Nickerchen zu machen.
Der Walnussbaum sagte zu dem Esel: „Herr Esel! Das nennst du Freundschaft? Wieso grüßt du nicht und fragst nicht nach meinem Wohlergehen? Du tust so als ob ich für dich Luft wäre, obwohl du dich in meinem Schatten räkelst? Ich denke, alles erfordert gute Manieren. Es wäre nicht schlecht, wenn du lernst, wie man sich bedankt und höflich ist . Jahrelang habe ich mir Mühe gegeben, bis ich so groß und hoch geworden bin und so viel Schatten spenden kann.“
Aber der Esel schien taub auf den Ohren. Er schaute zum Baum hoch und als er die Walnüsse sah, begann er zu i´-aen: „Ach! Du willst ein Baum sein?! Schämst du dich nicht?! Du vermagst nur mit deinen Zweigen, Blättern und deinem Schatten zu protzen! Nimm dir ein Beispiel an der Honigmelone! Die ist nicht ein Tausendstel so hoch wie du, aber mit ihren weichen dünnen Zweigen kann sie Früchte tragen, so groß wie ein Globus. Und du? Du hast so mächtige Äste und tausende Zweige und Millionen von Blättern, aber dein Früchte sind derartig klein. Kein Wunder, dass du dich schämst deine Walnüsse zu erwähnen und den anderen immer mit deinem Schatten daherkommst.“
Der Walnussbaum ärgerte sich über diesen Esel. Er wollte es ihm zeigen. Aber er überstürzte nichts. Erst wartete er ab,bis das Langohr eingeschlafen war. Kaum aber war dies geschehen, gab er sich einen Ruck und ließ dem Esel eine seiner Walnüsse auf den Kopf plumpsen. Die Nuss prallte hart auf dem Kopf des Esels auf. Der wachte je aus seinem süßen Schlummer auf und begann zu jammern: „Aua, mein Kopf! Was war das denn, was meinen armen Kopf getroffen hat!“
Der Waltnussbaum lachte: „Ach, das war doch nur eine meiner kleinen Früchte!“
Der Esel sagte: „Was es auch war, mein Kopf tut schrecklich weh!“
Da sagte der Waltnussbaum: „Was wäre nur wenn alles was du denkst wirklich stimmen würde?“
Der Esel wunderte sich, was der Walnussbaum wohl damit meinte.
Da erklärte ihm dieser: „Wenn meine Früchte so groß wie Honigmelonen wären und runter fallen würden, wie würde es wohl dem ergehen , der gerade in meinem Schatten schläft. Er würde bestimmt auf der Stelle sterben, nicht wahr?“
Da gab der Esel zu: „Du hast recht! Alles ist an dem Platz wo es hingehört gut. Es ist besser wenn deine Früchte klein sind.“
Hieraus entstand ein Sprichwort, dass man immer benutzt wenn man sagen will, dass ein Vergleich unangebracht ist. Dann sagt man nämlich Deracht Gerdekaan ba in Bozorgi, Deracht Charbuseh Allah Akbar
Nämlich: Der Walnussbaum mit dieser Größe, und der Melonenbaum: Gott ist größer . Vielleicht kann man es so interpretieren: Der Walnussbaum ist so groß und hat so kleine Früchte und der Melonenbaum ist so niedrig und seine Früchte sind so groß.
Gott steht über allem und seine Weisheit ist groß.