So wird gesagt- Teil 43
Liebe Hörerfreunde! Es erwartet sie heute wieder eine Geschichte und ein iranisches Sprichwort.
Die Geschichte ist aus dem Mathnawi von Molana (Rumi).
Ein Mann hatte einen großen Garten mit zahlreichen verschiedenen Obstbäumen. Eines Morgens sah er beim Betreten seines Gartens einen Mann, der auf einem Baum saß und Obst pflückte. Der Gärtner rief verärgert: „He! Was machst du da! Schämst du dich nicht?! Du hast ohne meine Erlaubnis am helllichten Tag meinen Garten betreten und machst dich über mein Obst her?“
Der Mann pflückte ruhig weiter Früchte ab, während er dem Gärtner antwortete: „Ich bin ein Geschöpf Gottes und esse Obst von dem Garten Gottes. Diese Früchte sind doch Gottes Geschenk!“
Der Gärtner rief ärgerlich: „Was soll dieses Gerede? Was meinst du damit?“
Der Obstdieb antwortete: „Das hab ich doch gesagt: Dieser Garten ist Gottes Garten und ich bin ein Geschöpf Gottes, das von dessen Garten Obst pflückt. Stimmt das etwa nicht? Du solltest dich schämen, weil du einen Diener Gottes schiltst, der sich einige Früchte von Seinem Garten nimmt!“
Da rief der Gärtner seine Söhne herbei und sagte, sie sollten ein Seil bringen. Mit dem Seil zogen sie den Mann vom Baum herunter. Dann sagte der Gärtner: „Nun bindet ihn an den Baumstamm fest.“ Das taten sie. Der Gärtner nahm sich einen Stock und begann dem Diebe Hiebe zu versetzen. Dieser schrie: „Mann! Warum schlägst du mich? Schäm dich vor Gott!“ Da antwortete der Gärtner: „Ich bin ein Geschöpf Gottes und schlage mit Gottes Stock Sein Geschöpf.“
Der Obstdieb rief: „Was meinst du damit? Was soll das?“ Der Gärtner sagte: „Das hab ich doch gesagt: Ich bin ein Geschöpf Gottes und dieser Stock ist einer der Stöcke Gottes. Nun schlägt ein Diener Gottes einen anderen Diener Gottes mit dem Stock Gottes. Was hat das eigentlich mit dir zu tun? Schämst du dich nicht, mir deshalb einen Vorwurf zu machen?“
Da rief der Obstdieb „Halte ein, O Diener Gottes! Bei Gott! Halte einen Moment ein! Ich bereue was ich getan habe Verzeih mir!“
Dann versprach er, sich nicht mehr von den Früchten fremder Mühe zu nehmen und der Gärtner ließ ihn laufen.
Auch unser heutiges Sprichwort, liebe Hörerfreunde, reimt sich und es lautet wie folgt: Dusti dusti, mikanad pusti.
Hören Sie was damit gemeint und wann es verwendet wird.
In einer kleinen Stadt gab es zwei junge Burschen, die sich ständig miteinander stritten. Der eine war der Sohn eines Lebensmittelhändlers, eines Baqaals also, und der andere der Sohn des Heilkundigen , Tabib oder Hakim genannt-
Wieder einmal hatten sich die beiden jungen Buschen gestritten und einander beschimpft, bis es schließlich nicht bei Worten blieb und sie wie zwei Kampfhähne aneinander gerieten. Freunde und Vorübergehende versuchten sofort, die beiden auseinander zu bringen und den Streit beizulegen. Aber die jungen Kerlen waren beide blind vor Wut. Zudem waren sie beide stark. Sie schlugen aufeinander ein und schließlich hatten sie sich gegenseitig so übel verletzt, dass keiner von beiden mehr die Kraft hatte, die Prügelei fortzusetzen.
Die Leute brachten die beiden zu dem nächsten Tabib, der kein anderer war als der Vater des einen der beiden. Der Tabib behandelte die beiden jungen Leute und legte einen Verband an. Er sagte: „Ab morgen müsst ihr jeden Tag herkommen, damit ich den Verband wechsle. Wenn ihr das nicht macht, werden eure Wunden eitern und das kann sehr gefährlich werden.“
Die beiden jungen Burschen fanden sich also jeden Tag bei dem Heilkundigen ein. Der verlangte natürlich von seinem Sohn kein Geld aber der Sohn des Händlers musste jedes Mal eine beträchtliche Summe zahlen.
Das ging eine Zeitlang gut, bis etwas Unerwartetes geschah.
Dem Sohn des Heilkundigen ging es immer besser, dem Sohn des Händlers jeder im Gegenteil immer schlechter. Sein Vater hätte ihn gerne zu einem anderen Heilkundigen gebracht, aber es gab keinen anderen in der Nähe. Deshalb ging er erst einmal zu dem Tabib in ihrem Viertel und klagte: „Warum geht es deinem Sohn wieder gut, aber meinem von Tag zu Tag schlechter?“
Der Tabib erklärte: „Es ist Aufgabe eines Heilkundigen, die anderen zu behandeln und er ist gut zu allen. Ob es nun der eigene Sohn ist oder der Sohn eines anderen. Dein Sohn hat bestimmt nicht meine Anweisungen beachtet und deshalb heilen seine Wunden nicht ab!“
Der Kaufmann glaubte dem Heilkundigen nicht. Er begab sich auf die Suche nach einem anderen Tabib.
Der Kaufmann hatte Glück. Er fand einen anderen Heilkundigen und brachten seinen Sohn zu diesem. Der untersuchte den jungen Mann und sagte dann: „Warum hast du ihn nicht zum Arzt gebracht?“
Der Kaufmann erwiderte: „Hab ich doch gemacht! Ich habe ihn zum Arzt in unserem Viertel gebracht.“
Aber der andere meinte: „Das kann nicht sein. Die Wunden sind schon so alt und es hätte sich längst eine Haut darüber bilden müssen.“
Da horchte der Sohn des Kaufmanns auf und berichtete: „Doch, es hat sich nach ein paar Tagen immer eine Haut gebildet, aber der Arzt in unsrem Viertel hat sie jedes Mal abgemacht und gesagt, so würde die Wunde schneller abheilen!“
Da ging dem Kaufmann ein Licht auf und er berichtete von dem Streit zwischen seinem Sohn und dem Sohn des Heilkundigen. Schließlich sagte er: „Er hat sogar gesagt, ein Arzt sei immer aller Freund und es spiele keine Rolle ob er jemanden kennt oder nicht.“
Da sagte der neue Tabib: „dusti dusti pust ra mikandeh ast - Dann hat der Arzt in eurem Viertel also aus lauter Freundschaft deinem Sohn die Haut abgerissen!“
Das Sprichwort: Dusti, dusti mikanad pusti – aus lauter Freundschaft reisst er die Haut ab, verwendet man daher, wenn hinter einer Freundschaft in Wahrheit Feindschaft steckt.
Zum Abschluss noch Gedanken aus dem Buch von Fihi ma Fihi (Sein und Nicht-Sein) von Molana (Rumi):
Du steckst dir eine Brot unter den Arm und gibst keinem davon und sagst, dieses Brot werde ich alleine essen und keiner bekommt es zu Gesicht. Obwohl alle Brot haben und selbst die Hunde dein Brot nicht fressen würden, verlangt allen danach, denn du hast es den anderen verwehrt. Besonders wenn du es lange Zeit versteckst und wieder unterstreichst, dass du niemanden davon gibst, werden die anderen noch mehr danach verlangen, denn der Menschen begehrt, was ihm verboten wird.