Apr 09, 2018 13:38 CET

Heute besprechen wir die manuelle Anfertigung von iranischem Samt. 

 

 

Der Samt ist zweifelsohne  eine kostbare Textilie. Die Anfertigung ist kompliziert und es wird nur ausgezeichnetes Garn verwendet. Durch diese und weitere  Vorzüge wie schöne Musterung  hebt er sich von den anderen Textilien ab.  Das Persische Wort für Samt, nämlich „Machmal“ (mit Betonung auf der zweiten Silbe)  geht auf die besondere Eigenschaft dieses Stoffes zurück,  nämlich „machmali“ zu sein, d.h. er fühlt sich weich und samten an.  Auch andere Dinge werden übrigens  in der Persischen Sprache  als „machmali“ charakterisiert,  wenn sie sanft und weich sind.

 

 Der Samt wird aus Garn oder Seide hergestellt.  Die eine Seite ist glatt und die anderen besteht aus einem dichten Flor mit einer Strichrichtung.  Die feinen Ornamente und Muster eines traditionellen iranischen Samtstoffes zeugen von dem  Schwierigkeitsgrad der Anfertigung und der Geschicklichkeit des Webers. 

Samt war in der Vergangenheit ein Stoff, den die Könige trugen. Dem einfachen Volk blieb er vorenthalten, denn zum einen  musste jemand die besondere Technik kennen und anwenden können und zum anderen  war er sehr teuer.  Unter der Safawiden, die vom 16. bis Anfang 18. Jahrhundert herrschten,  wurden königliche Webstuben eingerichtet. Aus Stoffen wie Samt ließen sich Könige und Minister   Gewänder anfertigen. Samt wurde wie andere kostbare Textilien in andere Länder ausgeführt.

                              

Über die Heimat des Samtes herrscht keine einheitliche Meinung. Einige sagen, dass die Italiener ihn im Mittelalter erfunden haben. Aber gemäß einer Ausstellung namens „Samt des Ostens und des Westens“ herrscht auch die Ansicht,  dass der Samt fast gleichzeitig im 14. Jahrhundert nach Christus oder sogar noch früher  in Iran und China erfunden wurde und die Webtechnik danach  innerhalb eines Jahrhunderts  in italienischen Städten wie  Venedig und Florenz verfeinert wurde.

 

Das Grundprinzip der  Samtanfertigung ist das Anlegen von Schlingen auf einem Gewebe. Eine ähnliche  Methode kannte man bereits in Ägypten, wie Entdeckungen in diesem Land zeigen. Im Museum von Lyon sind Reste von Stoffen der Kopten zu sehen, bei denen diese Technik verwendet wurde. Aber es besteht ein erheblicher Unterschied zu einem richtigen Seidensamt.  

 

In seinem  Werk Murudsch adh-dhahab schreibt der muslimische   Historiker und Geographen al-Mas`udi  (10. Jahrhundert nach Christus) über den 10. Abbasidenkalifen Mutawakkil (gestorben 861 n. Chr.)   und erwähnt einen besonderen Stoff, aus dem Gewänder Mutawakkils bestanden. Einige sind der Ansicht, dass es sich um  Samt gehandelt haben muss. Al Mas`udi  schreibt: „Der Kalif trug Gewänder, die Theyyab Mahmalah hießen und in unserer Zeit Mutawakkili genannt werden.“

 

Ein weiterer Geograph namens Ibn Chordadhbeh   beschreibt den Samt im 9. Jahrhundert wie folgt: „Es ist ein Stoff im Stil der Näharbeiten aus Ägypten, aus einem feinen Garn und mit einem sehr schönen Gewebe.“  Chordadhbeh berichtet von einem Stoff aus dem iranischen Ort Sawad, der später als seine Lieblingsvorhänge bekannt wurden, wobei einige Leute vom Fach der Meinung sind, dass es sich dabei um Samt gehandelt hat.

 

Wie auch immer: Solange es noch keine klaren archäologischen Funde oder feste Anhaltspunkte  in der Literatur gibt, bleibt verschleiert, wo die Wiege des Samtes eigentlich gestanden hat und ab wann im Iran zum ersten Mal Samt gewoben worden ist.  Es  lässt sich jedoch  anhand vorhandener Dokumente belegen, dass der Beginn der Anfertigung von Samt im Iran in die  ersten Jahrhunderte der Islamischen Ära fällt.  Unter den  Buyiden ( 10. Bis 11. Jahrhundert) und den Seldschuken (11. Bis 12. Jahrhundert)  waren die Webmeister in der zentraliranischen Stadt Kaschan, nachdem die Anfertigung von Brokatstoffen eingestellt worden war,  bestrebt, ein neues kostbares Tuch für den Einband von  Koranexemplaren anzufertigen. 

Der älteste Samt aus Iran, den man bislang kennt,  stammt aus dem 12. oder 15. Jahrhundert nach Christus. Er wird in dem Museum für dekorative Künste in Paris aufbewahrt.

                                  

Die Zeit der Safawiden ( die  vom 16. Bis 18. Jahrhundert an der Macht waren) war eine Glanzepoche des Kunsthandwerkes und auch der Stoffherstellung.   Es wurden sehr schöne Samtstoffe angefertigt und diese wurden für Hochzeitskleider und für Bettdecken, für den Gebetsteppich und für Übermäntel(Abba) und Jacken, als Gardinen und Möbel- und Stuhlbezüge und als Tischdecken verwendet.

Die Weber benutzten manchmal Gold- und Silberfäden im Samtstoff. Solche kostbaren Stoffe wurden den europäischen Königen als Geschenk überreicht. In Europa ließ man mit dem Samt stattliche Gewänder oder Vorhänge für den Palast oder Theatersäle  anfertigen.

                                      

Der Samt aus Kaschan gelangte dank seiner Farben und geschmackvollen und einfallsreichen Muster und Feinheit  zu Weltruhm.  In dieser zentraliranischen  Stadt wurden unter den Qadscharen (Ende 18.Jahrhundert bis Anfang 20. Jahrhundert)  noch  42 verschiedene Stoffarten in den Manufakturen gewebt,  wie Brokat, Seide und natürlich auch Samt. Dennoch verlor dieses Kunsthandwerk immer mehr an Glanz. Der handgewebte Samt wurde  zunehmend vom maschinell hergestellten aus dem Ausland verdrängt.

 

Heute gibt es nur noch eine einzige Manufaktur in Kaschan, in der Samt von Hand gewoben wird und dies ist der Unterstützung der Organisation für kulturelles Erbe, Kunsthandwerk und Fremdenverkehr Irans zu verdanken.

In der Vergangenheit waren neben Kaschan übrigens auch noch Yazd, Täbris und Maschhad für ihre Samtstoffe bekannt. Ab dem 16. Jahrhundert nach Christus zählte der Samt zu den wichtigen Exportgütern Irans.

                          

Samt besteht  aus einem Grundgewebe aus Ketten- und Schussfäden mit einem darüber liegenden eingearbeiteten Fadenflor.  Eine besonders kostbare Art ist der Samt mit Reliefmuster (naqscheh bardschesteh).  Für seine  Anfertigung wird ein besonderer Webstuhl notwendig, der eine Kombination von einem Webstuhl für Brokatstoffe und für einfache Samtstoffe darstellt.

Seyyed Chalil Yaallah ist der letzte der noch tätigen  traditionellen Samtweber Irans. Nach seiner Erfahrung am traditionellen Webstuhl und  darauffolgender 30jährige Tätigkeit  in einer Kaschaner Fabrik für die maschinelle Herstellung von Samt hat er sich als Rentner   wieder der manuellen  Anfertigung von Samt zugewandt.   Seyyed Chalil Yaallah,

der 1939 in Kaschan auf die Welt kam, schloss als Siebenjähriger mit dem Webstuhl für Samtstoffe Bekanntschaft und konnte sich mit 15 einen Meister in diesem Beruf  nennen. Heute führt er Schüler, in die Kunst des traditionellen Samtwebens ein.

 

Beim  Samtweben werden zwei getrennt angefertigte  Gewebe beim Weben durch Schlingen miteinander verbunden. Nach dem Webvorgang werden die Schlingen in der Mitte der beiden Stofflagen durchgeschnitten. Auf diese Weise entsteht der Fadenflor.    

Die schönste Art von Samt ist die mit Reliefmuster. Als weitere  Arten sind unter anderem einfacher Samt und Samt mit zwei Strichrichtungen zu nennen. 

Das Weben von Samt dient heute nur noch Museumszwecken. Es gibt zurzeit nur noch zwei manuelle Webstühle für Samt im Iran. Wegen der diffizilen  Anfertigung und der Anwendung von Seide ist dieser Stoff sehr  teuer und  für den Durchschnittsbürger normalerweise nicht mehr erschwinglich. 

 

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