Oct 13, 2019 03:29 CET

In diesem Teil geht es um den letzten Lebensabschnitt Imam Ridhas (F).

 

 

Sie erinnern sich, dass wir über das Vorgehen Imam Ridhas, dem achten Imam aus dem Hause des Propheten (S) sprachen. Der Imam hatte den Vorschlag des Abbasiden Mamun, an dessen Stelle Kalif der Muslime zu werden, aus wichtigen Gründen abgelehnt und Mamun, der bei seinem listigen Vater Harun in die Schule gegangen war, drohte dem Imam daraufhin, er müsse   die Anwartschaft auf das Kalifat akzeptieren. Der Imam sah keinen anderen Ausweg, als diesen neuen Vorschlag Mamuns anzunehmen, aber er stellte die Bedingung, dass er an keiner Angelegenheit der Regierung und Jurisprudenz, der Fitwas und Absetzung und Ernennung teilhaben möchte.  Der Imam demonstrierte damit, dass ihm die Anwartschaft auf das Kalifat aufgezwungen worden ist, und zugleich rückte er die Herrschaft über die Muslime, welche Mamun an sich gerissen hatte,  ins fragliche Licht. Außerdem verhinderte er durch seine Bedingung, dass Mamun seine Gegenwart am Hofe des Kalifen missbraucht.

    

Einige mögen eventuell vermuten, dass der Imam nur aus Angst um sein Leben akzeptierte, nach Mamun dessen Nachfolger zu werden. Aber das ist nicht richtig: Erstens wusste dieser Edle schon an dem Tag ,wo er unter den Androhungen Mamuns von Medina weggeholt sprich verbannt wurde und niemanden aus seiner Familie mitnahm,  dass es keine Rückkehr mehr für ihn geben wird und ihn am Ende der Tod erwartet. Zweitens wird die Hergabe des Lebens für Gott – der Märtyrertod –  gemäß Islamischer Kultur hoch eingestuft, so dass alle aufrichtigen Gottliebenden sich den Märtyrertod wünschen.  Wie kann es also sein, dass ein Imam, dessen Vorfahren alle für den Schutz des Islams und beim Kampf gegen die unrechtmäßigen Kalifen den Märtyrertod gefunden hatten, sich vor dem Tod fürchtet?  Imam hatte die Worte des Propheten Gottes  (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) genau im Gedächtnis, der gesagt hat:

 مَا مِنَّا إِلَّامَقْتُولٌ أَوْ مَسْمُومٌ

„Jemand gehört nicht zu unserem Hause, es sei denn er findet den Märtyrertod oder er wird vergiftet.“

Es besteht kein Zweifel darüber, dass der achte Imam in einer Schule und Familie aufgewachsen war, welche  Tod und Martyrium auf dem Wege Gottes als eine Ehre und ein großes Glück seitens Gott betrachtet haben. 

 

Drittens soll der Märtyrertod Früchte tragen. Er soll ein Recht beweisen und ein Unrecht zurückweisen, eine Gerechtigkeit herstellen und eine Ungerechtigkeit beseitigen.

 

                   

 

 

Hätte der achte Imam gleich zu Beginn alle Vorschläge  zurückgewiesen, hätte Mamun zweifelsohne seine Morddrohungen wahrgemacht. Dann hätte der Imam, noch bevor er an eines seiner  hohen Ziele gelangt wäre, den  Märtyrertod gefunden und alle Chancen  wären zunichte geworden.  Die Situation erforderte also ein gezieltes und wohlüberlegtes Vorgehen des Imams.  

Man bedenke auch, dass sich Imam Ridha – wie wir  schon erwähnten – zwei Fronten gegenüber sah. Zum einen bedrohte ihn Mamun, der nichts anderes vorhatte als den Einfluss des Imams zu reduzieren. Und zum anderen gab es noch drei ehemalige  Helfer seines Vaters, Imam Kadhims (F), welche das  Imamat von Imam Ridha (F) abstritten. Diese drei waren Ali ibn Hamza Bata`ini, Ziad ibn Marwan al-Qandi – beide im Irak - und Uthman ibn Isa al-Rawasi in Ägypten. Die Gläubigen hatten diesen Vertretern Imam Kadhims, der im Gefängnis eingekerkert war, alle religionsrechtlichen Abgaben wie Khums und Zakat  anvertraut. Aber nachdem Imam Musa Kadhim zum Märtyrer geworden war, hatten diese drei ihren weltlichen Gelüsten nicht widerstehen können und sich darauf geeinigt, diese Gelder nicht an den nächsten Imam weiterzugeben. Und zwar behaupteten sie, dass der siebte Imam keinen Nachfolger genannt habe  und lehnten das Imamat von Imam Ridha ab. Sie gründeten die Sekte Waqfiyya und verbreiteten die falsche Ansicht, dass Imam Kadhim der Verheißene Mahdi ist und eines Tages wieder zurückkehren würde.   

Imam Ridha musste also sowohl im Laufe der Zeit die wahre Natur der  Abbasiden insbesondere des Kalifen Mamun aufdecken als auch die Zweifel an seinem Imamat durch Aufklärung und durch Diskussions- und Frage- und Antwortsitzungen beseitigen, damit er danach die Führung der Gläubigen in die Hand nehmen und die Fortsetzung der Linie des Imamats bis zum Erscheinen des wahren Weltenretters Imam Mahdi (adsch.) sicherstellen kann. 

 

Hätte der achte Imam ohne Beachtung dieser Anliegen sich dem Tod ausgeliefert und nicht die Anwartschaft auf die Nachfolge Mamuns angenommen, was er aus taktischen Gründen tat, dann hätte das Imamat der Unfehlbaren Imame aufgrund des Verrates der Mitglieder der Waqfiyya bei Imam Kadhim geendet.

Aber die Strategie  Imam Ridhas machte Mamun einen Strich durch die Rechnung und außerdem brachte sie die Waqfiyya zum Scheitern, und der Imam konnte durch Stabilisierung seines Imamats  -  dank des unumstößlichen göttlichen Willens - , die Linie des Imamats fortsetzen.

                     

Mamun hat – nachdem alle seine bisherigen heimtückischen Pläne fehlgeschlagen hatten,  im Jahre 202 nach der Hidschra (818    n.Christus) dem achten Imam vorgeschlagen, dass er das Gemeinschaftsgebet zum  Id-Fitr – dem Fest am ersten Tag nach dem Monat Ramadan – leiten soll. Wieder wollte er dadurch nur sein eigenes Image verbessern. Imam Ridha (F) durchschaute ihn und wie zuvor lehnte er zunächst ab. Aber Mamun ließ nicht locker und sagte, es sei gut, wenn der Imam dieses Gebet leitet. Imam Ridha stellte erneut eine Bedingung, um zu verhindern dass Mamun die Sache ausnutzt. Er sagte: „Ich werde das Id-Fitr-Gebet so verrichten, wie es der Gesandte Gottes (Gottes Segen sei auf ihm und seinem Hause) verrichtet hat.“ Mamun erklärte sich mit dieser Bedingung des Imams einverstanden. Er dachte, wegen der Anwesenheit der politischen und militärischen Persönlichkeiten würde  das Gebet sehr förmlich und mit reichlich Etikette verlaufen. Mamun glaubte,  er könne auf diese Weise das Vertrauen eines Teils der Bevölkerung zurückgewinnen und es würde daher zu seinem Vorteil sein, wenn Imam Ridha (F) das Gemeinschaftsgebet leitet.

Mamun schickte, mit diesen Gedanken im Kopf, politische Persönlichkeiten seines Hofstaates, welche sich  in ihre offiziellen Festgewänder gehüllt hatten, zum Imam. Imam Ridha aber hatte ein schlichtes weißes Mantelkleid angelegt. Er trug einen weißen Turban, dessen beiden Ende ihm über die Schultern fielen, und ging barfuß. Die Delegierten des Mamuns waren verblüfft. Sie sahen dass auch andere gekommen waren, um den Imam zu begleiten und es ihm gleichzutun. Als der Imam das Haupt zum Himmel erhoben mit lauter und klarer Stimme: „Allah-u Akbar“ – Gott ist am größten rief, stimmten alle seine Begleiter   in diesen Ruf mit ein.

Angesichts dieser Szene sahen sich  die politischen und militärischen Positionsträger, die in ihrer Staatsrobe erschienen waren,  gezwungen, von ihren stattlichen Pferden abzusteigen auch ihr Schuhwerk abzulegen und barfuß dem Imam auf seinem Weg zum Gemeinschaftsgebet zu folgen. Die Menschenmenge rief erneut „Gott ist am größten“ und zog weiter und unterwegs immer mehr Gläubige schlossen sich ihr an. Unterdessen erstatteten die Spitzel dem Mamun Bericht und warnten ihn, wenn er diesen Menschenzug nicht stoppe, könne es sein dass es  nach dem Gemeinschaftsgebet und den dazugehörigen beiden Ansprachen zu einem Aufstand komme, der sich schwerlich eindämmen ließe.

Mamun verspürte Gefahr. Also schickte er Imam Ridha eine Mitteilung, in der stand: „Wenn Ihr auf diese Weise Euren Weg fortsetzt wird es euch Unannehmlichkeiten und große Mühe und Müdigkeit bereiten. Also strengt euch nicht noch mehr an. Jemand anderer wird das Gebet leiten.“

Imam Ridha (F) wusste, dass Mamun ihn nur deshalb aufgefordert hatte, das Gemeinschaftsgebet zu leiten, um die öffentliche Meinung zu täuschen. Der Imam war deshalb gar nicht an der Leitung des Gebetes  interessiert gewesen und hatte den Vorschlag von Mamun nur angenommen, weil dieser darauf bestanden hatte.

Als ihn nun die Nachricht Mamuns erreichte, machte er vor den Augen der großen Menschenmenge, die sich ihm begeistert angeschlossen hatte, auf halbem Weg kehrt. Diese Umkehr war für alle eine deutlicher Fingerzeig. Er vergegenwärtigte den Menschen, dass Mamun in Wahrheit nicht an die Werte des Islams glaubt und die Religion für seine Vorteile anspannt.  Nach diesem Vorfall wurden Stimmen gegen Mamun laut. Während die Protestwelle anschwoll, tauchte auch  eine Gruppe auf, ähnlich der  Chawaridsch, die  zur Zeit Imam Alis (F) Attentate beging. Diese Gruppe plante drei Anschläge: Einen auf Mamun, einen auf  Großwesir Fadhl ibn Sahl und die  Ermordnung Imam Ridhas(F). 

Mamun erfuhr von diesen Plänen und konnte sich retten, aber er beschloss Imam Ridha, der eine Gefahr für sein Regime darstellte, aus dem Weg zu räumen. Um keine Spuren zu hinterlassen und damit alles nach einem natürlichen Tod aussieht lud er den Imam zu sich ein, und bot ihm vergiftetes Obst an. Dieser aß davon  und starb an der Vergiftung.  Auf diese Weise fand  Imam Ridha (F) am 29. des Monats Safar –im Jahre 203 (26.5.819  n.Christus)    den Märtyrertod. Sein Leichnam wurde auf Befehl Mamuns in Maschhad neben dem Grab von  Harun Ar Raschid  beigesetzt  .

Im kommenden Programm werden wir noch einmal von Imam Ridha berichten und zwar über seine Stellungnahmen zum Glauben, der Moral und zu sozialen und politischen Fragen.

  

 

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