Iranische Architektur und Kultur-Teil 53
Wir haben ihnen bereits viele Beispiele für die iranische Architektur vorgestellt, und sie haben über Moscheen, den Bazaar, Karanwansereien und Brücken erfahren.
Im letzten Beitrag haben wir über den Bau von öffentlichen Bädern berichtet und Sie haben über deren gesellschaftlichen Bedeutung und Geschichte erfahren. Viele der alten Bäder sind heute zerfallen und nur einige historisch bedeutende von ihnen wurden zu Museen umfunktioniert. Zu den wichtigsten dieser alten Badehäuser gehören:
Das Kardascht-Badehaus in Ostazarbeidschadn, das Pahneh-Bad in Semnan, das Gandschali Chan- und das Wakil-Bad in Kerman, das Baghe Fin-Bad in Kaschan und das Scheych Bahai-Bad in Isfahan.
Früher spielte das öffentliche Badehaus eine wichtige Rolle in jeder Stadt. Es war nicht nur ein Ort der Körperpflege sondern auch wöchentlicher Treffpunkt der Bevölkerung. Diese sogenannten Garmabeh dienten sogar besonderen Anlässen. Einige mieteten für besondere Feiern, wie anlässlich der Geburt eines Kindes, oder vor Antritt der Hadschreise oder sogar für Hochzeiten ein Badehaus. Manchmal gab es auch Feiern für hohe Badegäste. Außerdem galten bestimmte Bräuche für das Betreten und Verlassen und die Benutzung der verschiedenen Abteilungen eines Badehauses.
Die alten iranischen Badehäuser bestanden aus mehreren Abschnitten: Sie nannten sich Sarbineh, Miyan dar und Garmchaneh.
Das Sarbineh war ein überdachter Hof mit einem großen Becken in der Mitte. Rundherum lagen hohe Plattformen. Der Bademeister saß auf einem erhöhten Platz und ließ sich von den Kunden beim Verlassen des Bades die Gebühren bezahlen. In einem solchen Badehaus wurde vor allen Dingen Marmorgestein verwendet, weil es leichter zu reinigen ist. Die Deckpfeiler waren spiralenförmig gerillt, was nicht nur schön aussah sondern dafür sorgte dass der aufsteigende Wasserdampf wenn er sich wieder verflüssigte allmählich entlang der Rillen an den Säulen zum Boden hinunter rann und nicht herabtropfte.
In einem riesigen Kessel wurde das Badewasser aufgewärmt. Dieser nannte sich Tun oder Tiyun.Die Feuerstelle darunter hieß Golchan-e Hamam. Die Gänge im Badehaus waren gewunden, damit die Wärme nicht schnell verloren geht und keine Kälte von draußen eindringen konnte. Zumeist lag ein Badehaus tiefer als der Erdboden. Und zwar sowohl wegen der Wärmeversorgung als auch wegen Erleichterung der Wasserzirkulation.
Das Gandschali –Chan –Bad ist Teil des Gandschali-Chan-Komplexes in der Stadt Kerman. Es wurde 1020 nach der Hidschra, 1611 nach Christus erbaut.

Gandschali-Beyk , der den Beinamen Gandschali Chan erhielt, ist unter dem Saffawidenkönig Abbas Verwalter von Kerman gewesen . Er hat einen großen Beitrag für die Entwicklung von Kerman geleistet. In der Mitte der Stadt ließ er einen riesigen Platz anlegen der über 100 m lang und 50 m breit war. Rund herum baute er wichtige Bauwerke wie eine theologische Schule, eine Moschee, einen Bazaar, einen Wasserspeicher, eine Münzwerkstatt und auch ein Badehaus. Dieser Baukomplex wurde zu einem berühmten architektonischen Beispiel aus Saffawidenzeit. Insgesamt nimmt dieser Komplex eine Fläche von 11 Tausend Quadratmeter ein und stellt mit seinen besonderen architektonischen Merkmalen und seinen Verzierungen ein Art Museum für schöne iranische Baukunst dar.
Das Gandschali Chan-Badehaus liegt an der Südflanke des Platzes am Rande des großen Bazaars von Kerman. Es wurden verschiedene Baumaterialien verwendet: Einfache hellblaue Ziegelsteine, und Marmor im unteren Mauerabschnitt. Verschiedene Wandbemalungen verzieren den Toreingang zum Bad. Einige der Fresken aus der Zeit der Saffawiden wurden vor kurzem restauriert. Auf dem Marmorgestein sind Inschriften und Reime in dem schönen Nastaliq-Kalligraphiestil eingekerbt. Dort steht auch das Baujahr eingraviert. Das Torgewölbe schmücken Blätter- und Blütenranken aus Stuckwerk.
Auf den Wandbildern sind Bahram-Gur und Chosro und Schirin, Könige auf der Jagd, Kamelskarawanen und Raubtiere abgebildet.
Die zeltdachförmigen Decken und die Gewölbenischen in diesem Badehaus sieht man sonst weniger an Bauwerken der Saffawidenära.
Geht man durch den Torbogen hindurch gelangt man in einen gewundenen Flurgang und zu einer Türschwelle an der Bilder von Meeresvögeln eingraviert sind. Durch sie betritt man einen großen Raum, der sich Rachtkan oder Sarbineh nennt. Dies ist einer der wichtigsten Teile des Badehauses. Seine Flächen sind hübsch mit bemalten Kacheln verziert und mit Marmorplatten ausgelegt. Die Decke schmücken Muqarnasarbeiten. Dabei handelt es sich um eine stalaktitenartige Flächendekoration mit spitzenbogenartigen Elementen. In der Mitte dieses Saales liegt ein großes Becken mit Springbrunnenanlage. Die Beleuchtung steuert zusätzlich auf ihre Weise zu der einladenden Atmosphäre bei. Entlang den Wänden befinden sich kleine Nischen zum Ausruhen, Plaudern und zum Gebet. Dieser Teil des Badehauses ist mit traditionellen Geweben wie Gelim oder bunten Tüchern geschmückt .
Das Gandschali-Chan-Badehaus ist heute ein volkskundliches Museum. Mit Hilfe von Wachsfiguren in naturgerechter Nachbildung werden die alten Badesitten vorgeführt.
Übrigens gibt es in diesem Teil des Badehauses viele Kachelmosaiken in sieben Farben und Ziegelmosaike mit abwechslungsreichen Motiven.
Nach dem wir einen langen Flur durchlaufen haben, gelangen wir in das Garmchaneh, wo das eigentliche Bad liegt. Auf der einen Seite liegen steinerne Plattformen und auf der anderen Seite befindet sich ein achteckiges Wasserbecken mit Steinsäulen aus einem Stück. Auch hier sind große Teile der Raumdecke mit Stalaktitendekoration verziert.
Von der Mitte der Decke und den Seiten fällt Licht ein und sorgt für ein anmutiges Schattenspiel. Die Wasserrohre sind aus Keramik und neben ihnen liegen Luftschächte. Die eine befördert heiße Luft und wärmt den Fußboden des Bades an und die andere führt die verschmutzte Luft nach draußen.
Das Wasserversorgungssystem in diesem Badehaus, sowie die Methode zur Lufterwärmung und die Harmonie zwischen dem Eingangs- und Ausgangsräumlichkeiten, die Nutzung von Wasser aus unterirdischen Brunnenkanälen sind alles besondere Merkmale des Gandschali Chan-Bades in Kerman. Es ist sogar erdbebensicher gebaut.
Früher wurden die Badehäuser aus Quellen oder aus unterirdischen Qanats oder aus Wasserspeichern versorgt. Die meisten Badehäuser hatten Wasserspeicher. Das Wasser aus diesen Speichern konnte in der warmen Jahreszeit benutzt werden.
Wie gesagt sind diese Badehäuser nicht mehr in Mode und jedes Haus hat nun selber ein kleines Bad. Aber vieles erinnert noch an die Kultur des Badehauses. Wie zum Beispiel Ausdrücke und Sprichwörter, zum Beispiel der allegorisch Ausdruck vom „Rostam im Bad“. „Rostam im Bad“ ist eine Anspielung auf körperlich starke Menschen, die jedoch schwächlich sind und zu nichts taugen. Oder der Ausdruck: „Mit Badewasser einen Freund finden“. Damit spielt man auf eine Freundschaft an, die sehr schnell zustande kommt und nicht von Dauer ist. Noch heute vergleicht man einen Ort, an dem viel Lärm und Verkehr ist, mit einem öffentlichen Bad, einem Hamam.
Aber auch in der Farsi-Literatur tauchen Ausdrücke und Vergleiche auf, die mit Badehäusern in Verbindung stehen. Die iranische Dichter verglichen gerne den Gang zum Badehaus mit der Befreiung von Äußerlichkeiten, der Reinigung von Seelenschmutz und dem Streben nach Erkenntnis und Wissen. Einige von ihnen haben, um jemanden zu beschreiben, der auf der Suche nach der Wahrheit die Orientierung verliert mit einem Badegast verglichen, den der Dampfnebel im Badehaus einhüllt.