Nov 25, 2016 13:29 CET

Luqman der Weise war Diener eines reichen Mannes.

Er war ein Sklave, aber sein Besitzer bewunderte ihn, weil er so rein und klug und Herr über sein Selbst war. Daher brachte er ihm so viel Respekt entgegen, dass man meinen konnte, dass nicht er sondern Luqman der Herr des Hauses sei.

Wenn dem reichen Mann Essen aufgetischt, rief er erst seinen Luqman herbei, damit er sich zu ihm setzt und solange Luqman nicht gekommen war, rührte er das Essen nicht an. Auch wenn dann Luqman gekommen war, musste dieser erst etwas zu sich nehmen und erst dann aß er selber auch etwas. Bei alledem blieb Luqman sein pflichtbewusster Diener.

Eines Tages hatte jemand dem Herrn des Hauses eine Honigmelone geschenkt. Da ließ er wieder Luqman rufen, damit er sich als erster daran gütlich tut. Luqman trat höflich ein und setzte sich respektvoll zu seinem Herrn. Der nahm das Messer herbei, schnitt eine Scheibe von der Melone ab und reichte sie Luqman.

Luqman begann zu essen und es schien, dass die Melone köstlich süß ist. Da schnitt sein Herr erfreut eine weitere Scheibe ab und reichte sie seinem Diener, der auch diese genüsslich verspeiste. Und da seinem Luqman offensichtlich die Melone mundete , reichte ihm der Herr des Hauses immer wieder neue Melonenscheiben, bis schließlich von der Frucht, die zuckersüß sein musste, nur noch eine Scheibe übrig geblieben war. Da sagte er zu Luqman: „Diese eine Scheibe ist für mich, denn ich möchte gerne sehen, wie die Honigmelone, von der Luqman so viele Stücke mit Genuss und Appetit verspeist hat, schmeckt.“

Kaum hatte der gute Mann die Melonenscheibe in den Mund gesteckt , hätte er sie am liebsten gleich wieder ausgespuckt, denn sie schmeckte einfach abscheulich. Als er sich von dem Schreck erholt hatte, wandte er sich verwundert an Luqman und fragte: „Wie hast du nur diese Melone essen können?! Die ist ja völlig bitter! Du hast keine Miene verzogen und ich habe gedacht, sie wäre so süß wie Honig!“

Da sagte Luqman: „Du hast mir immer so viele gute Dinge zu essen gegeben, und warst immer so gut zu mir, dass ich beschämt bin. Wenn ich nun wegen einer bitteren Melone, die du mir zu essen gibst, das Gesicht verzogen hätte, hätte ich alle deine guten Taten außer Acht gelassen. Mir geht es doch so gut bei dir, weshalb sollte ich mich über ein wenig bittere Melone beschweren. Das wäre ungerecht!“

Nach dieser Geschichte von Mulawi (Rumi) nun zu unserem Sprichwort: Jek Chescht Chaam ham begozar tu dig.

Ein Mädchen hatte frisch geheiratet. Aber sie verstand nichts vom Essenkochen. Die erste Woche nach der Heirat wurde das junge Paar von den Verwandten ständig eingeladen, jedoch in der zweite Woche musste sich die junge Braut jeden Tag eine Ausrede ausdenken, um das Essenkochen zu umgehen und damit ihr Mann nichts merkt. Dann begann die dritte Woche:

Der junge Mann kam nach Hause und kündigte an: „Morgen kommen meine Eltern, meine Schwester und mein Bruder mit ihrer Familie zu Besuch. Ich möchte, dass du ein leckeres Essen für sie zubereitest!“

Was sollte die junge Gemahlin nun tun? Sie hatte nicht den Mut, ihrem Liebsten zu sagen, dass sie nicht kochen kann. So überlegte sie lange hin und her und kam auf die Idee, eine Nachbarin zu fragen.

Die Nachbarin öffnete freundlich die Tür und fragte, ob sie etwas auf dem Herzen habe.

Da sagte die junge Braut: Ja weißt du, ich kann ja gut kochen, aber morgen haben ich viele Gäste und ich habe noch nie für so viele Leute gekocht. Ich wollte nur fragen, welche Mengen ich an Reis und Fleisch brauche.“

Schnell hatte die Nachbarin l begriffen, dass die junge Frau überhaupt nicht kochen kann, ließ sich aber nicht anmerken und sagte nur: „Da brauchst du ungefähr 5 kg Reis. Schütte sie in einen großen Topf und lass den Reis gut einweichen.“

Schnell sagte die junge Frau: „Ja, das weiß ich schon!“

Die Nachbarin fuhr fort: „Dann schneide das Fleisch in Stücke und schütte es in einen anderen Topf“

Die Braut unterbrach sie wieder und sagte wieder: „Ja, das weiß ich doch auch!“

Die gute Nachbarin begann sich zu ärgern. Am liebsten hätte sie der junge Dame gesagt: „Falls du das alles schon weißt, warum fragst du mich dann und falls du keine Ahnung hast, warum redest du dauernd davon, dass du Bescheid weißt?“ Sie entschloss sich der frechen jungen Frau einen Denkzettel zu verpassen, blieb aber weiter freundlich und erklärte: „Für jede Person musst du eine Handvoll halbierte gelbe Erbsen dazutun. Wieder nickte die andere und sagte natürlich wieder „ Ja, das weiß ich!“

Da fügte die die Nachbarin hinzu: „Nun, wenn du den Reis in den Topf geschüttet hast, dann lege einen großen Lehmziegel drauf, damit er gut durchzieht und weich wird!“

Wieder sagte die junge Braut: „Ja, weiß ich doch!“

Die Nachbarin hatte nun der jungen Dame erklärt was sie tun sei, und die hatte so getan als ob sie das schon alles gewusst hätte.

Auf dem Heimweg musste die junge Braut innerlich lachen: „Die hat gar nicht gemerkt, dass ich nicht kochen kann! Nun habe ich sowohl das Reiskochen gelernt als auch das Gulaschkochen.“

Zu Hause angekommen, mache sie sich gleich ans Werk. Sie bereitete den Reis vor und zündete das Feuer unter dem Topf an. Schnell holte sie einen Lehmziegel herbei und legte ihn auf den Reis. Wie nun allmählich immer mehr heißer Dampf aus dem Reis emporstieg, wurde der Lehmziegel immer weicher und allmählich löste er sich in Wohlgefallen auf und verdarb den ganzen Reis. Doch die junge Braut merkte nichts davon denn sie wollte den Reis in Ruhe ziehen lassen. 

Der Besuch traf ein und sie setzte sich zu den Gästen und unterhielt sich ein wenig mit ihnen. Dann stand sie auf und ging in die Küche mit den Worten: „Entschuldigt, ich werde das Essen fertig machen.“ Und ihrem Mann bat sie: „Decke das Esstuch. Ich bringe gleich Reis und Gulasch.“

Der junge Mann hatte gerade begonnen, das Esstuch vorzubereiten, als ein spitzer Schrei aus der Küche kam. Erschreckt stürzte er zusammen mit den Gästen in die Küche, denn sie dachten alle es wäre der jungen Hausherrin etwas zugestoßen. . Da sahen sie das Häufchen Unglück auf dem Boden sitzen und wortlos auf den Topf mit lehmverschmierten Reis zeigen.

An dem Abend gab es nur Gulasch, ohne Reis, und die junge Braut sah sich gezwungen zuzugeben, dass sie nicht kochen kann.

Das Sprichwort zu dieser Geschichte lautet übersetzt : Leg auch einen Lehmziegel in den Topf. Es wird auf jemand verwendet, der raffiniert versucht, bei anderen etwas Neues zu lernen und gleichzeitig behauptet, schon alles gewusst zu haben.