Sep 04, 2018 19:10 CET
  • Iranisches Kunsthandwerk (56 - mit Leder)  

Diesmal möchten wir  in Fortsetzung unseres Beitrages einige Zweige des iranischen Kunsthandwerkes, bei denen Leder weiterverarbeitet wird, vorstellen.  

 

 

In der Vergangenheit fand Leder angesichts seiner Beständigkeit bei allen Völkern weitgehend Verwendung. Man benutzte Leder bei der Anfertigung von Kampfkleidung,  als Schuhwerk, für Sättel und für  Zaumzeug der Pferde, für Kampfschilder, und für Gürtel oder auch für Wasserbehälter, Schriftrollen, kostbare Buchumschläge, Bezüge für Stühle oder Truhen  usw.

Die Künstler haben Leder bei  Gemälden, in der Buchbinderei, in der Kalligrafie und im Kunsthandwerk verwendet.  Die traditionelle Buchbinderei und Herstellung von Bucheinbänden gehört zu den schönsten Künsten Irans und ist tausend Jahre alt. Es gibt verschiedene Methoden, die jede eine besondere Fertigkeit erfordert.

Schon vor 1000 Jahren begann man im Iran  lederne  Büchereinbinde  mit Hilfe von kunstvoll bearbeiteten Prägeschablonen aus Metall zu verzieren.  Später hat man  dünnes Blattgold hinzugenommen und glänzend mit den  beiden Farben Braun und Golden den Wert des in den Ledereinband gehüllten Buchwerkes hervorgehoben.  Im 15. Jahrhundert nach Christus, dem 9. Jahrhundert nach der Hidschra  erreichte die Buchbinderei einen Höhepunkt. Die Umschläge wurden im Innern mit Ledermosaiken (Muaraq-e Tscharm) verziert. Diese Methode wird auch Muaraq Sucht (mit scharfem „s“) genannt.   

Das Handwerk des  Buchbindens wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Aus diesem künstlerischen Schaffen resultierten viele kostbare einmalige Bucheinbände für den Koran und Gedichtssammlungen  oder religiöse oder wissenschaftliche Abhandlungen, die heute in Bibliotheken  und Museen aufbewahrt werden - wie in Frankreich im  Louvre und der französischen Nationalbibliothek ,  in London in der Königlichen Bibliothek und  dem Victoria  and Albert Museum, in Istanbul im  Topkapi-Museum und in Teheran im Resa Abbasi-Museum sowie in  zahlreichen Privatkollektionen im In- und Ausland aufbewahrt werden.

 

Die sogenannten Sucht“ oder „Suchteh“-Einbände  (mit scharfem „s“)  zählten zu den schönsten Bucheinbänden aus Leder. Es handelte sich um meist verkupferte, manchmal vergoldete Einbände mit sehr feinen reliefartigen Verzierungen, die durch Einbrennen erzielt wurden.  Die  Einbände  wurden mit Eingravierungen und Reliefen in der Mitte verziert und mit einer Umrandung und Schriftzügen versehen.

Besonders meisterhaft waren die Suchteh-Bucheinbände aus Täbris und Hirat gestaltet.  Beliebte Motive zur Verzierung waren Landschaften, naturgetreu nachgebildete Tiere und Vögel oder auch Fabelwesen.

Eine weitere Art von Ledereinband war das „Dscheld-e Zarbi“. Dabei wurden auf Metallstempeln mit Klischees versehen und diese Punzen auf dem Lederumschlag an der gewünschten Stelle aufgesetzt. Das  Muster und die Ornamente wurden durch Klopfen auf den Punzen auf die Lederoberfläche übertragen und eingraviert. Die Teile zwischen den eingravierten Linien blieben dabei  in der Farbe des Leders erhalten.  Bei manchen Zarbi-, Sucht- oder auch einfachen Bucheinbänden waren zusätzliche Umschlagränder üblich, die passend zu der Gesamtverzierung ebenso dekorativ gestaltet wurden. Diese Bucheinbände nannten sich Dschelde-Luladar.

                                      

Das Einbrennen auf Leder ist an sich schon eine  professionelle Angelegenheit. Es erfordert außerdem künstlerisches Talent als Maler und Zeichner. Der Kunsthandwerker verziert hierbei die ledernen Buchumschläge meist mit Miniaturen. Den Entwurf dazu zeichnet er entweder selber oder entlehnt ihn aus den Werken eines bekannten  iranischen Miniaturmalers.  In der Regel kommt die Miniatur selber in der Mitte der Verzierung zu stehen und sie wird an ihren Rändern noch von schönen Illustrationen und Abbildungen aus der Natur – zum Beispiel  Blumen-Vogel-Motiven umgeben.  Diese Umrandungen nennen sich Tazhib bzw. Tasch`ir.

Die Verwendung von Blattgold insbesondere beim Tazhib von Sucht-Leder ist gang und gebe. Dieses Blattgold wird noch einmal durch Qalamgiri – das heißt durch Bearbeitung mit einem Eingravierungsstift,  schön verziert.  Für die Übertragung des Entwurfes auf das Leder wird, insbesondere wenn sich viele Elemente in der Verzierung wiederholen, eine besondere Methode eingesetzt.

                                   

 Das Zurechtschneiden von Leder für ein Ledermosaik erfordert große Sorgfalt.  Die gefärbten Schnittteile für das Hauptfeld des Entwurfes werden mit einem Spezialkleber auf einer  kartonartigen Grundfläche aufgeklebt, die vorher aus mindestens 30 Blatt Papier angefertigt worden ist.  Nach Vollendung des Ledermosaiks beginnt die Bemalung mit sehr feinen Haarpinseln.

 

Unter den Safawiden (16. Bis 18. Jahrhundert nach Christus) erlebte dieses Kunsthandwerk eine Glanzepoche. Es wurden Koranexemplare und kostbare Manuskripte mit wunderschönen Sucht-Leder-Einbänden versehen. Die Sucht-Kunst (Honar-e Sucht) ist für zwei Dinge bekannt: Zum ersten für die prinzipielle Verwendung von nicht transparenten Farben (rang-e suchteh). Unterdessen verwendet man in der persischen Miniaturmalerei  transparente Farben.  

Zum zweiten ist die Sucht-Kunst auf Leder für die reliefartigen Abbildungen auf Lederstücken bekannt, die entweder mit Hilfe von Punzen entstehen oder mit einem erhitzten Werkzeug hervorgerufen werden. Die  Schablone mit dem Klischee wird erhitzt und wenn sie auf das Leder aufgepresst wird, wird  das Leder entsprechend dem Klischee auf der Schablone an verschiedenen Stellen versengt. Diese versengten Stellen auf dem Leder (auf  Farsi heißt verbrennen „suchtan“) werden dunkelbraun.

 

Die Qualität eines Stück Kunsthandwerkes, welches auf diese Weise aus Leder entsteht, hängt davon ab, wie gut die natürlichen Rohstoffe sind, die zur Lederfärbung eingesetzt wurden und wie hochkarätig der Goldbelag ist. Auch kommt es auf die Qualität des Leders an und die richtige Gerbung. Natürlich spielt auch die Schönheit und Originalität des Designs eine wichtige Rolle.

Übrigens: Wenn alle gemäß dem Entwurf zurecht geschnittenen Lederstücke auf der Unterlage aufgeklebt worden sind, werden feine Löcher in die Ränder der einzelnen Mosaikstücke gebohrt und diese mit einem dünnen Lederriemen  zusammengenäht.

Alle Arbeiten erfolgen manuell was der Qualität zugutekommt. Allerdings werden auch schöne  Lederarbeiten  auf dem Kunsthandwerksbazaar angeboten, bei denen die Mosaikteile nicht mit der Hand sondern maschinell zusammengenäht wurden. Ihr Preis ist daher niedriger als die rein manuell angefertigten Arbeiten mit Sucht-Tscharm.

Die Kunst der Verzierung durch Einbrennen kannte man schon vor der Safawidenzeit. In der Frühzeit des Islams wurden die Koranverse auf Tierhaut oder Papier zwischen zwei Holzbrettern aufbewahrt. Die Iraner erfanden bald zur Verzierung des Einbandes des Korans die Moaraq Kunst – eine Art Collage bei der Materialstücke gleicher Dicke gemäß einem Entwurf nebeneinander zu einem Gesamtbild zusammengefügt wurden.

                             

Hakaki auf Leder ist eine weitere Form der Lederverzierung und ähnelt sehr der Methode des Ghalamzani auf Metall, bei dem mit einem Stift Gravuren im Metall hervorgerufen werden. Bei Hakaki-Arbeiten auf Leder wird ebenso mit dem Beschlagen eines Metallstiftes ein Reliefmuster hervorgerufen.  Diese Art von Verzierung von Leder ist wahrscheinlich früher im Iran nicht so häufig gewesen wie in anderen Ländern. Aber es gibt dennoch   Ledereinbände, die ein Beispiel für Hakaki-Arbeiten sind.  

Die Kunst der Lederbemalung blickt in der Provinz Teheran auf eine lange Vergangenheit zurück und gilt als das einzige einheimische Handwerk dieser Provinz. Teheran ist übrigens das bedeutendste Zentrum für die Anfertigung von Lederwaren im Iran. In Umgebung der Hauptstadt gibt es zahlreiche große Werkstätten, die auf diesem Gebiet tätig sind.  

 

 

 

 

 

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